Arbeiten in F für deutsches Unternehmen

Alles zum Thema Leben, Arbeiten, Studieren etc. in Frankreich. (Keine Annoncen)
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karoline
Beiträge: 25
Registriert: Montag 17. April 2006, 21:12

Montag 17. April 2006, 22:21

Hallo,

mit viel Aufmerksamkeit habe ich bereits so einige Beiträge in diesem Forum gelesen. Doch leider habe ich bisher keinen passenden Beitrag für meine Situation gefunden, oder aber nicht ganz verstanden.

Folgendes ist meine Situation:

Ich gehe werde im September 2006 zu meinem Freund nach Paris ziehen.
Glücklicherweise kann ich von Paris aus weiterhin für meinen deutschen Arbeitgeber tätig bleiben (gleiches Gehalt).

Wie ich bereits gelesen habe, wäre es u.U. nicht nötig, dass ich mich in Deutschland abmelde. Wie sieht es aber aus, wenn ich weiterhin für meinen deutschen Arbeitgeber tätig bin? Wo bin ich sozialversicherungspflichtig?

Kann ich mich trotzdem z.B. im Mietvertrag meines Freundes eintragen lassen um bspw. ein französisches Konto zu eröffnen, Mobilfunkvertrag beantragen etc.?

Wenn ich weiterhin alles über Deutschland laufen lasse, so bleibe ich ja auch bei meiner bisherigen Krankenkasse, was ich mir im medizinischen Notfall in Frankreich als ziemlich schwierig vorstelle.

Wer zahlt in meinem Fall die Sozialversicherungsabgaben und wohin?

Wie ihr euch vorstellen könnt, bevorzuge ich natürlich die "attraktivere" Variante, auch wenn man hier und da Abstriche machen muss.

Ich hoffe, dass mir jemand helfen kann.



Gute Nacht.
textspecht
Beiträge: 548
Registriert: Dienstag 27. August 2002, 13:32
Wohnort: Ardèche Sud

Dienstag 18. April 2006, 01:06

Salut,
das ist gar nicht so kompliziert. Um den ganzen Steuer- und Versicherungskram mußt Du Dich hier in F nur dann selber kümmern, wenn Du selbständig bzw. freiberuflich für einen deutschen Arbeit- oder Auftraggeber tätig wirst.
Wenn Du Angestellte eines in Deutschland tätigen Betriebes oder dessen frz. Filiale/Tochter bist, kannst Du das alles getrost Deiner Firma überlassen.
Grundsätzlich gilt zwar die Regel, daß man sein Einkommen dort zu versteuern hat, sich dort sozialversichern muß, wo man arbeitet und überwiegend lebt. Bei Angestellten, die von ihren Firmen auf begrenzte Zeit ins Ausland entsandt werden, sind aber auch andere Regelungen möglich (auch abhängig von der Unternehmensform des frz. Betriebes in Relation zum Mutterhaus).

Falls Du über Deinen dt. Arbeitgeber in D krankenversichert bleibst, ist das hier in F relativ problemlos. Du mußt dann zwar bei jedem Arzt, in jeder Apotheke in F erst einmal cash bezahlen, bekommst die Knete aber aus Deutschland zurück.
Bei "medizinischem Notfall" und stationärem Klinikaufenthalt ist es nach unseren Erfahrungen ganz normal und problemlos, daß die frz. Klinik direkt mit der dt. Pflichtversicherung abrechnet. Die Selbstbeteiligung ist sehr gering und die Klinikbetreuung in F um Klassen besser als in D.

Deine übrigen Fragen sind eigentlich "Privatsache", um die sich der Staat und seine Instanzen nicht kümmern. Du kannst Mietverträge abschließen (oder in vorhandene einsteigen), Telefon- oder Internet-Anschlüsse buchen oder Konten eröffnen wie Du Lust und Laune hast. Und das Geld dazu. Denn ein frz. Bankkonto darfst Du unter gar keinen Umständen überziehen. Unbedingte Vorsicht, aus Deutschland ist man da eine Kulanz gewohnt, die es in F nicht gibt. Selbst geringfügige Überziehungen führen hier zu knallharten Sanktionen: hohe Strafgebühren und längerer Ausschluß vom Scheckverkehr! Und wer keine Schecks ausstellen darf, gilt in F als höchst fragwürdig, weil Überweisungen von Konto zu Konto absolut unüblich, oft völlig unbekannt und schweinisch teuer sind. Der Scheck ist DAS zentrale Zahlungsmittel dieser Nation.

Simple Lösung: Such Dir eine Bank oder Spk mit möglichst günstigen Konditionen, zahl ein-, zweitausend Euronen ein, dann bekommst Du ein Scheckheft, das Dich "zum Menschen macht". Auf dieses Konto kann dann Dein Arbeitgeber später Dein Gehalt überweisen, von D aus übrigens sehr preiswert (per Gesetz: nicht teurer als eine Inlandsüberweisung).

In F gibt es kein Meldegesetz wie in D, und auch die leidige Carte de Séjour (CdS = Aufenthaltserlaubnis) ist für EU-ropäer in F kein Thema mehr. Darum gibt es auch keinen "Erstwohnsitz" in X-Land, "Zweitwohnsitz" in Y-Land und kein Ausweispapier, das Deine F-Adresse nennt. Nicht nur, aber auch darum solltest Du Deine dt. Meldeadresse und Deinen gültigen PA bewahren.
Als "offizieller Wohnsitznachweis" gelten in F immer noch die Rechnungen der (ehedem staatlichen) France Telecom und des Energieversorgers EDF/EDG. Wir haben das intern so geregelt, daß die EDF-Rechnung auf den Namen meiner Lebenspartnerin, die Telefonrechnung auf meinen Namen lautet. Ohne Probleme.

Dieses Thema wurde hier im Forum schon 999 mal erörtert (und heute sicher nicht zum letztenmal). Wenn Du weitere Informationen und Kommentare dazu suchst, klick bitte hier in dieser Forumsseite mal auf "SUCHEN" und gib die adäquaten Suchbegriffe ein. Zum Beispiel "Sozialversicherung", "Arbeiten", "Arbeitgeber", "Auswandern", "Wohnsitz", "Personalausweis" und so weiter. Wühl auch mal ein bißchen in der chronologisch geordneten Rubrik "Leben und Arbeiten in F" dieses Forums. Da sind insgesamt halt etwas Zeit ein bißchen Kreativität beim Suchen gefragt... :D

Eine grundsätzlich sehr hilfreiche, deutschsprachige Anlaufstelle findest Du im Google unter "infobest". Die Informationen der frz. Botschaft in Berlin sind gut gemeint, aber im Endeffekt meist Gesetzestexte in frz. Sprache, die nicht nur "Neufranzosen" oft erhebliche Probleme bereiten. :rolleyes:

Ansonsten — wenn Du zu Deinem frz. Freund nach Paris ziehen wirst, dann frag doch ihn einfach mal. Er muß doch zumindest die alltäglichen Zusammenhänge in F kennen, auch wenn er kein Experte sein kann für die "dämlichen Fragen, die wir Ausländer ja immer wieder gerne stellen"... ;)

Keine Angst, das Leben in Frankreich ist praktisch meist einfacher als es theoretisch erscheinen mag.
Bonne chance,
Heinz-Günter
Zuletzt geändert von textspecht am Dienstag 18. April 2006, 01:10, insgesamt 1-mal geändert.
karoline
Beiträge: 25
Registriert: Montag 17. April 2006, 21:12

Dienstag 18. April 2006, 19:20

Hallo Heinz-Günter,

vielen Dank für die ausführliche Antwort!

Der Link zu infobest.org sieht super aus. Werde mich da mal ein wenig umschauen.

Zum Glück hilft mir mein Freund schon wo er kann, nur weiß er manchmal auch nicht weiter, bei den "dämlichen Fragen, die wir Ausländer ja immer wieder gerne stellen"... ;)

Hinzu kommt seine "on verra"-Einstellung... aber darauf sollte ich mich wohl langsam auch einlassen :)

Vielen Dank erstmal für die Hilfe.

Karoline
textspecht
Beiträge: 548
Registriert: Dienstag 27. August 2002, 13:32
Wohnort: Ardèche Sud

Donnerstag 20. April 2006, 01:23

Salut, Karoline,

mit dem "on verra" hat Dein Freund zweifellos recht. Wir Germanen neigen dazu, immer schon alles vorab regeln zu wollen. Aber das paßt "irgendwie" gar nicht zur französischen Sicht vieler Dinge.
Ich sagte ja schon: Laß es ruhig angehen und brich nicht gleich unnötig irgendwelche guten Brücken ab. Für alles, was dann kommt, ist "On verra!" eine sehr gute Grundeinstellung, nach der wir inzwischen auch ganz komfortabel leben... ;)

Alles Gute für Dich bzw. Euch,
Heinz-Günter
Mara
Beiträge: 12
Registriert: Dienstag 4. Juli 2006, 14:52

Dienstag 4. Juli 2006, 15:47

Übrigens kann man Telefon oder Gasrechnung auch auf ZWEI Namen ausstellen lassen.

Die Behauptung Überweisungen wären sehr teuer stimmt so auch nicht( ich empfehle http://www.axabanque.fr). Das das noch nicht gang und gäbe ist, stimmt aber leider.

LG
Mara
karoline
Beiträge: 25
Registriert: Montag 17. April 2006, 21:12

Mittwoch 9. August 2006, 13:04

Hallo,

hab noch ne Frage. Wenn ich meinen Namen in den Mietvertrag meines Freundes eintragen lasse (oder Gas- bzw. Telefonrechnung auf zwei Namen ausstellen lasse), was hat das für Folgen?

Hintergrund ist der, dass ich zwar in Frankreich leben werde, offiziell aber in Deutschland bin und auch weiterhin für ein deutsches Unternehmen arbeite, in D Krankenkasse und alles bezahle. Ich brauche in F aber unbedingt ein Bankkonto und ein Handy - also auch einen Nachweis über meinen Wohnsitz.

Was kommt auf mich zu, wenn ich mich in oben genannte Dokumente eintragen lasse? Sprich: Werden irgendwelche Behörden auf mich zukommen und z.B. zusätzlich von mir auch die tax d'habitation etc. einfordern?

Danke schon mal für eure Antworten.
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