Wo lebt es sich am besten

Für alle Themen, die mit Frankreich in Zusammenhang stehen und die in keines der anderen Foren passen.
Lennie
Beiträge: 190
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Montag 14. Februar 2011, 22:19

Jill25 hat geschrieben:ich kann mir das schon gut vorstellen, dass es sich in Frankreich besser leben lässt als in Deutschland. Die Franzosen haben auch eien ganz andere Einstelung zum Leben - vor allem nicht so viel Hektik und Stress.
Ach ja? Wie sieht die denn aus, diese romantische französische "andere" Einstellung zum Leben?
Keine Hektik, kein Stress? Wohl noch nie im Alltag in Paris mit der RER unterwegs gewesen, "aux heures de pointe".... Willkommen in der Wirklichkeit. Das Erwachen dürfte bitter werden...
Ameo hat geschrieben: gerade diese ganz andere Einstellung der Franzosen zum Leben, die geht mir nach 12 Jahren Frankreich ziemlich auf den Senkel.
Was für eine "ganz andere Einstellung"? Zu was, bitte? Bisschen sehr einfach, so völlig argumentationslos global zu verurteilen.....

Kleines Geheimnis gefällig? Für alle potentiellen Auswanderer, die das nur aus dem Fernsehen oder dem Urlaub kennen und die so gerne diese netten, stimmungsvollen Wochenmärkte in der Provence besuchen und sich dort gepanschtes spanisches Olivenöl zu Apothekerpreise andrehen lassen: "La Côte" n'est pas la France. Loin de là! Au contraire.
Etwas mehr realistische Bodenhaftung wäre vielleicht angebracht.
Hört auf zu träumen. Informiert euch. Und zwar besser vor dem Umzug.
:twisted:

Gruß, Lennie
Ameo
Beiträge: 52
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Dienstag 15. Februar 2011, 10:41

Ich will jetzt nicht noch Öl ins Feuer giessen.
Ich betone ausdrücklich: Das ist meine persönliche Erfahrung und die Konsequenz daraus.
Wenn Carola schreibt: "irgendwelchen deutschen Korinthenkackern die meinen, mit ihrer Arroganz und ihren finanziellen Mitteln andere Menschen in die Pfanne hauen zu können", dann möchte ich mich dazu nicht weiter äußern.
Übrigens: Arroganz gegenüber anderen (und anderen Sprachen) ist keine ausschließlich deutsche Unart.
Ausgangspunkt war ja die Aussage von Jill, die sich gut vorstellen kann, dass es sich in Frankreich besser leben läßt als in Deutschland, da die Franzosen eine andere Einstellung zum Leben haben.
Ich denke, Sie meint damit dieses, den Franzosen zugeordnete "savoir vivre".
Dass diese, evtl. sogar vorhandene Lebensphilosophie Freiheiten beinhaltet, die die Rechte anderer einschränken, belastet mich zunehmend.
Ich will mich nicht in der Addition von Kleinigkeiten und Erlebnissen mit Nachbarn, Behörden, Banken, Krankenhäusern und vor allem ARTISANS verlieren.
Wahrscheinlich liegt es auch nur daran, dass wir in unserm Ort immer die Ausländer bleiben und ich, trotz der langen Zeit dort, immer noch nicht gut genug die Sprache kann, um mir mal richtig "Luft" zu machen.
Ich meine, man kann in beiden Ländern gut leben......
und möchte mit meiner Meinung niemanden auf den Fuß getreten haben.
Salut Ameo
Jill25
Beiträge: 6
Registriert: Montag 14. Februar 2011, 07:43

Dienstag 15. Februar 2011, 10:44

Hallo Lennie,
du kannst ja Paris nicht als Maßstab für ganz Frankreich nehmen.
Ich würde mich ja auch nicht in Paris niederlassen sondern wie ich schon erwähnt habe im sonnigen Süden. Da ist jedenfalls nicht so eine Hektik. Oder siehst du das anders?

LG Jill
Lennie
Beiträge: 190
Registriert: Donnerstag 1. Juli 2010, 13:39

Dienstag 15. Februar 2011, 12:41

Jill25 hat geschrieben: im sonnigen Süden. Da ist jedenfalls nicht so eine Hektik.
Hm. Kommt drauf an, wovon mal lebt.
Die Leute in der Tourismusbranche sehen das sicher etwas anders. Die haben hier sowohl die Hektik (6 bis 7 Tage-Woche, Urlaubssperre den ganzen Sommer über, Überstunden sind in der saure-Gurken-Zeit abzubummeln) als auch die Hitze und den Stress. Und obendrein die mickrigsten Gehälter des ganzen Landes (Arbeitslohn aus echtem Geld ersetzen wir hier gern durch Sonne, Wärme und "Lebensqualität").

Hat man keine finanziellen Sorgen und der Rubel rollt sowieso von selbst, findet man überall entspannte Atmosphäre, auch in Paris. Es reicht, wenn man sich erst auf die Socken macht, nachdem alle im Büro sind. Wenn dann noch die Sonne scheint, ist Paris eine wunderschöne Stadt.
Ameo hat geschrieben: Wahrscheinlich liegt es auch nur daran, dass wir in unserm Ort immer die Ausländer bleiben
Dieses Gefühl wird man hier im Süden länger haben als im Norden. Den in den Süden drängenden Nichtfranzosen geht ein Ruf wie Donnerhall voraus: Stinkreich sind sie angeblich alle, kaufen alles, was gut und teuer ist und treiben die Immobilien- (und andere) Preise in die Höhe. Lassen ihre (oft Zweit-) Häuser dann 9 Monate im Jahr leer stehen, während die Franzosen selber keinen bezahlbaren Wohnraum mehr finden.
Der Ausländer im Süden ist potentiell zunächst entweder Kunde - oder Konkurrent. Mitbewohner kommt später. Freund noch später.
Die Sprache spielt auch eine große Rolle. Franzosen kokettieren gern mit ihrer angeblich fehlenden Begabung, andere Sprachen zu lernen und geben sich in dieser Hinsicht kaum Mühe.... also sollte man in eigenem Interesse tunlichst selbst gut französisch sprechen, wenn man sich hier ansiedeln will.

Die Sache mit den Handwerkern (les artisans...) lässt sicher so manchem graue Haare wachsen (übrigens auch Franzosen!). Unqualifiziert und schlampig passt oft. Die zuverlässigsten in meiner Gegend sind peinlicherweise - Engländer... Meine Wasserhähne wechsle ich inzwischen bei Bedarf selber aus.
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Gero
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Dienstag 15. Februar 2011, 17:31

dann will ich auch mal meinen Senf dazugeben.

Hab ja auch in beiden Ländern gelebt, studiert und freiberuflich gearbeitet

Ich glaube eher, dass der viel gerühmte Süden noch von einem Ruf profitiert, der längst Vergangenheit ist. Als viele befeundete Deutsche und darunter meine Eltern Ende der 60er in den Süden zogen, dort Bergerien für ein Appel und ein Ei erstanden, aus Ruinen wieder aufbauten und alles noch als Geheimtipp galt, kam es dem heutigen Ruf von Gelassenheit, Freiheit, Rotwein und Gauloise sicherlich sehr sehr nahe.
Heute ist dies - so meine ich- jedoch definitiv vorbei, und es kann sich dies nur noch derjenige leisten der wirklich finanziell sehr solide darsteht. Jetzt kommt es natürlich drauf an, was man will, aber man sollte sich nichts vormachen: es ist in den Großstädten im Süden genausau hektisch, dreckig und oberflächlich wie in dt. Großstädten. Und wer mal im Hochsommer im Stau in Montpellier gestanden hat, ist genau unentspannt wie in Frankfurt nur dass ihm sehr wahrscheinlich die Sonne nicht ganz so stark auf den Helm brennt.

Bei uns war das damals so, dass wir in unsere Zeit einigermaßen im Dorf integriert waren. Unser Vermieter war der Sohn einer der großen Winzerfamilien, wir sprachen fließend französisch und kamen dadurch gut zurecht, waren in Vereinen etc. Dennoch hatten wir auch die Kehrseiten der Medaillen, unaustehliche Nachbarn mit lauter Musik und Kampfhunden auf dem Balkon, die gerne nachts bellten - da muss man dann als "Ausländer" auch durch.

Sonne und Meer vor der Haustür, ohne Frage DAS IST Lebensqualität, aber leider nur ein Aspekt des täglichen Lebens. Die Mentalität ist im Süden schon etwas ganz Spezielles. Müll wird, so wie in der Tapas Bar am Boden, auch dort gerne mal aus dem Cabrio auf die Straße gekippt..es ist ja schließlich jemand von der städtischen Reinigung da, der das dann "wegmacht". Das hat uns nicht nur einmal auf die Palme gebracht, aber Hand auf Herz: das habe ich auch schon in D gesehn und die Bahnhöfe gleichen sich mülltechnisch. Ich sage immer es wird im Süden langsam besser, während es im Norden langsam "unordentlicher " wird....

Letztendlich muss man es es einfach mit sich selbst ausmachen und sollte jeden Fall einen Versuch starte, wenn sich die Gelegenheit bietet. Denn nur wer wagt gewinnt und kann dann vielleicht wirklich besser leben.
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Manfred Heger
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Dienstag 15. Februar 2011, 21:22

:!: Mon Dieu Gero, das hast Du aber gut rübergebracht!
Danke, Du hast mir mit jedem Satz aus dem Herzen gesprochen!

Mal sehen, wie der Faden hier weiter gesponnen wird...
Baquete
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Donnerstag 17. Februar 2011, 13:44

Deutschland is schon ok...Natürlich gibts besseres aber so vom sozialwesen usw sind wir gut dabei..
crepes-fan
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Freitag 25. Februar 2011, 12:07

Baquete hat geschrieben:Deutschland is schon ok...Natürlich gibts besseres aber so vom sozialwesen usw sind wir gut dabei..
Stimme da zu. Vielleicht ist die lebensqualität in anderen "reichen" ländern besser, aber unser sozialwesen ist garantiert besser als beispielsweise in den usa...
Staubi
Beiträge: 1
Registriert: Mittwoch 16. März 2011, 16:25
Wohnort: München

Mittwoch 16. März 2011, 16:32

Ich finde auch, dass es sich in Deutschland nicht schlecht lebt. Wir haben ein Gesundheitssystem, das zumindest größtenteils funktioniert, und unser Sozialwesen (das ja auch an einigen Ecken kränkelt) ist immer noch besser in einer Reihe anderer Länder. Ausserdem leben wir relativ sicher, was heutzutage ja eine Menge wert ist.
Mich würde interessieren nach welchen Kriterien die Länder bewertet wurden(oder steht das in dem Bericht, dann muss ich schnell mal reinschauen).
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