Jagdsaison in Frankreich

Für alle Themen, die mit Frankreich in Zusammenhang stehen und die in keines der anderen Foren passen.
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Lilo
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Mittwoch 30. Oktober 2002, 12:05

Bonjour,

was mir wieder mal auffiel, als ich kürzlich in Frankreich war, das waren allenthalben die Jäger. Das scheint ja vor Petanque fast noch ein beliebterer Sport zu sein.

Dazu habe ich einige Fragen:
a) wie lange dauert die Jagdsaison,
b) welche Voraussetzungen muß man erfüllen, um einen Jagdschein zu erwerben
und c) droht mir Ungemach, wenn ich mich demnächst auf meinem Grundstück in Frankreich bewege, d.h., dürfen Jäger auf privates Gelände, das nicht eingezäunt ist?

Was ist eigentlich das französische Pendant zu "Waidmannsheil"? (hätte ich jetzt glatt gesagt!)

Gruß,
Lilo
Wolfram Gagern
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Mittwoch 30. Oktober 2002, 12:16

Hallo Lilo,

Kurze Zusammenfassung:
Jagdsaison Anfang September bis Ende Februar jeweils am Mi, Sa, So.
Prinzipiell dürfen die Jäger auch auf Privatgrundstücke.
Ausnahmen:
- Radien von mindestens 150m um Häuser
- Radien von mindestens 150m um Tiergehege
- umzäunte Grundstücke egal welcher Größe
- Grundstücke über 20ha (in manchen Départements 40 oder 60ha) in Ebene und Wald, über 100ha in Gebirgen, über 3ha in Sumpfbiotopen.

Ursprünglich konnten die Grundstückseigentümer nichts gegen den Zutritt machen. Aufgrund einer Protestnote der Europ. Kommission können sie seit 1999 das Jagdrecht für ihr Grundstück aus persönlicher Überzeugung "kündigen".
Aber: der Kündigungsbrief (natürlich per Einschreiben) an den Präfekten muss mindestens 6 Monate vor Ablauf des 5-jährigen Nutzungsvertrages mit der ACCA (Jagdvereinigung) aufgegeben werden, sonst verlängert sich der Vertrag um weitere 5 Jahre.

Gruß,
Wolfram
textspecht
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Mittwoch 30. Oktober 2002, 15:26

Das sind ja reizende Aussichten! Einen kilometerlangen Zaun rund um die 5 ha Terrain bauen — nur damit einem auf dem eigenen Grund und Boden kein Fremder mit einem Schießprügel gegenübersteht?!
Woran erkennt man eigentlich, daß man es mit "friedlichen Jägern" zu tun hat und nicht mit einer bewaffneten Bande, die einem nach dem Sparstrumpf trachtet? Vielleicht am Alkoholgeruch der Jäger?

Es wird bestimmt eine besondere Attraktion unseres Gästehauses, wenn wir freilaufende Gäste von September bis Februar mittwochs und an Wochenenden mit signalroten Mützchen ausstatten müssen, damit sie in unserem Wald nicht fremdem Jagdtrieb zum Opfer fallen...

Haben die häufig zu sehenden Schilder "Propriété privée —- chasse interdite" demnach keine rechtsverbindliche Wirkung? Und was gilt als Umzäunung? Ein einzelner Draht, ein wetterfestes Spannband zur Kennzeichnung oder nur eine Grenzbefestigung nach DDR-Muster?

Gruß, textspecht
Lilo
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Mittwoch 30. Oktober 2002, 19:13

Danke für die Auskunft, Wolfram,

leider komme ich heute absolut nicht in "villafrance" rein. Ich hätte mich gern noch weiter informiert.
Wie das mit der Haftung aus? Wenn ich einen Elektrozaun um das Grundstück mache und einer der Jäger pinkelt drauf oder fällt bspw. in eine Baugrube? Muß ich ihn dann womöglich pflegen?
Vielleicht sollte ich mir dann vorher die Männer genauer angucken, vielleicht lohnt sich's ja!
Können eigentlich sämtliche Jäger Frankreichs egal wo jagen, oder gibt es da regionale oder kommunale Beschränkungen?

Jedenfalls ist diese Sache für ein größeres Grundstück mit "Wildschweinbewuchs" ein interessanter Aspekt.

Gruß,
Lilo
textspecht
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Freitag 1. November 2002, 01:45

Das Thema interessiert mich, aber Villafrance ist nicht an die Leitung zu bekommen. Der gute Herr Kirner wird doch wohl nicht ohne signalrotes Mützchen weiter als 150 m vom Haus spazierengegangen sein?!
textspecht
Lilo
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Freitag 1. November 2002, 13:17

Salut,
heute kam ich endlich in die website von villafrance und konnte nachlesen, daß Wolfram bereits alles Wichtige gesagt hat. Nur etwas ist seit 1999 anders: der Mittwochs-Jagdtag wurde gestrichen, stattdessen ist der Donnerstag zum Schießen freigegeben.
Verschwanden etwa am schulfreien Mittwoch zu viele Schulkinder? :oah:

Gruß,
Lilo
Phil
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Dienstag 5. November 2002, 09:02

Liebe Lilo,

kann es sein, daß Sie unter dem "Mallorca-Syndrom"
leiden ;-)) ?
Sie kennen doch sicher die Vorfälle auf der Ferieninsel, im Zusammenhang mit der Umzäunung der Grundstücke durch Deutsche.
Ich habe die Jäger bisher immer als freundlich und tolerant kennengelernt. Auch sollte man doch den Traditionen des gastlandes, und um eine solche handelt es sich hier, Respekt entgegenbringen.

Gruß
Phil
Lilo
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Dienstag 5. November 2002, 12:19

Hallo Phil,

ich habe nicht vor, irgendwelche Traditionen zu brechen, im Gegenteil, wenn ich Gast in einem fremden Land bin, werde ich auf jeden Fall versuchen die Traditionen zu achten, so wie ich es auch in Deutschland von Ausländern erwarte.

Es geht mir schlicht und einfach um die Frage, inwieweit ich mich auf meinem eigenen Gelände gefahrlos bewegen kann, ich habe keine Lust beim Pilzesammeln oder ähnlichen Tätigkeiten für (Frei-)Wild gehalten zu werden.

Gruß,
Lilo
textspecht
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Dienstag 5. November 2002, 18:21

Salut, Phil,

es gibt etliche fragwürdige Sitten, die irgendwo "Tradition" haben. Aber darum geht es gar nicht, sondern einzig um die Frage, wie unsere eigene Sicherheit und die unserer Gäste zu gewährleisten ist.
Oder würden Sie beim Spaziergang im Park/Privatwald eines Gästehauses damit rechnen, daß plötzlich scharf geschossen wird oder Ihnen eine aufgescheuchte, somit aggressive Wildschweinfamilie entgegenkommt? Fänden Sie es lustig, in der Dämmerung auf Ihrem längeren privaten Waldweg vom/zum Haus plötzlich unter Beschuß genommen zu werden?
Und wer sagt uns, daß der bewaffnete Typ, der da über unser Gelände schleicht, tatsächlich ein Jäger ist?

Wir haben nichts dagegen, wenn Jäger aus der Gemeinde nach vorheriger Vereinbarung auf unserem Gelände die Wildschweinpopulation dezimieren. Aber bitte nur die. Dann stellen wir den Herren mit den Flinten gern ein paar Liter Rotwein und Sessel auf die Terasse mit freiem Blick aufs beste Schußfeld. Und wenn die Wildschweine schon unsere Maronen fressen und auf unserem Gelände erlegt werden, dann dürfen auch ein, zwei Schinken für uns dabei abfallen. Denn so ist es eben bei uns Tradition...

Gruß, Textspecht
Phil
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Donnerstag 7. November 2002, 15:52

Salut Textspecht,

Toleranz zeigt sich darin Traditionen anderer nicht als "fragwürdige Sitten" zu bezeichnen.
Nein, auch mir würde es nicht gefallen beschoßen zu werden, wo auch immer.
In Deutschland ist das Jagdrecht, wie auch das Fischereirecht, nicht an das Eigentum des Bodens gebunden. Vermutlich auch in Frankreich nicht. Sie hätten, vorausgesetzt dies ist der Fall, also gar keine Handhabe die Jagd auf Ihrem Grundstück zu unterbinden. Auf die Einladung zu Rotwein werden die Jäger aber sicher dennoch gerne zurückkommen.

Gruß
Phil
textspecht
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Freitag 8. November 2002, 04:23

Salut, Phil,

Ihre Mail zeigt leider erneut, daß Sie über etwas reden (mitreden möchten), das Sie im Detail überhaupt nicht kennen.
Nichtwissen ist ja generell nicht schlimm, Kenntnisse lassen sich zusammentragen. Aber das sollte man tunlichst auch realisieren, bevor man sich in Diskussionen mit den Betroffenen und Involvierten einer Sache begibt.

Jagd- und Fischerei-Rechte sind überall in Europa an Grundbesitz gebunden, wenngleich auf unterschiedliche Weise. Selbstverständlich haben wir in Frankreich die Möglichkeit, die Jagd auf unserem Grundbesitz zu unterbinden oder nach unseren eigenen Kriterien (innerhalb der Gesetze) abzuwickeln. Wenn Sie dieses ganze Thema von Anfang an gelesen hätten, wäre es Ihnen deutlicher.
Wir haben auch nichts gegen die Jagd ansich, sondern verwahren uns lediglich aus Sicherheitsgründen gegen den Aufenthalt bewaffneter fremder Personen und unvorangemeldeter Ballerei auf unserem Anwesen.
John Wayne wäre da sicherlich weniger zimperlich, wenn er eine bewaffnete Gruppe auf seiner Farm angetroffen hätte... ;)
Deep voice: "Phil, Sie und Ihre Leute können hier Ihre Pferde tränken und eine Nacht lagern. Aber wenn ich Sie morgen, eine Stunde nach Sonnenaufgang, noch auf dem Gebiet von Vigneredonne sehe, werde ich Sie dem Sheriff übergeben — tot oder lebendig!" ;)

Ihre Interpretation der Tradition ist nicht nur überholt, sie ist aus geschichtswissenschaftlicher und soziologischer Sicht geradezu faschistoid. Nach Ihrer Betrachtungsweise müßte man in logischer Konsequenz auch das körperliche Züchtigungsrecht des Mannes gegenüber Frau und Kindern legitimieren, den außerehelichen Verkehr oder Homosexualität bestrafen. Vielleicht sollte man gleich auch noch ein paar Ketzer und Hexen verbrennen?
Das hatte doch auch schon mal Tradition.
Muß ich weiterreden oder verstehen Sie mich auch so?

Gruß, Textspecht
Wolfram Gagern
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Freitag 8. November 2002, 12:51

textspecht schrieb:
Ihre Interpretation der Tradition ist nicht nur überholt, sie ist aus geschichtswissenschaftlicher und soziologischer Sicht geradezu faschistoid.
Gemach, gemach, Herr Specht. Das erinnert mich ein bissl an Godwin's Law aus dem Usenet.
Nicht jedes überholte traditionelle Denken ist faschistoid.
Sonst wären die "Fuchsjäger" in Great Britain, die Stierkampfliebhaber, der Papst, viele Bayern, Sarden und Sizilianer und noch ganz viele andere auch "Faschistoide". Soweit möchten Sie doch nicht gehen?
Also weg mit diesen Totschlagargumenten!

Gruß,
Wolfram
textspecht
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Freitag 8. November 2002, 18:09

Ihre Beispiele gefallen mir.
Gruß, Textspecht
Kati
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Freitag 29. November 2002, 10:28

Nette Diskussion über die Jagd...
Bei uns hier im Dorf und in den Nachbardörfern ist so ziemlich jeder Jäger, und macht seinen Sonntagsspaziergang im Grünen mit abschließendem Aperitif. Geschossen wird ab und zu mal, damit zur "Repas de Chasse" auch genügend Civet, Sanglier etc. aufgetischt werden kann.
Da jeder jeden kennt, gibt es auch kein Problem mit Grundstücksverletzungen, das lädt eher zu einem kleinen Schwätzchen ein. Unbekannte würden sofort auffallen (bei uns gibt es so wenig Leute....), den Jagdschein teilt die Kommune aus, bei uns sind es ca. 500 Meter rund um Häuser, wo nicht gejagt werden soll. Daran hält sich jeder. Zäune gibt es (gottseidank) nirgends hier (höchstens für die Kühe....;-)).
Übrigens, Weidmannsheil heisst "MERDE" - auch wenn es niemand glaubt!!!
Kati
textspecht
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Freitag 29. November 2002, 22:49

Kati schrieb:

Übrigens, Waidmannsheil heisst "MERDE" - auch wenn es niemand glaubt!!!
Kati
=) Öööh... ziemlich naheliegend bei der Trefferquote mancher Jäger...
Ich bin da vielleicht etwas arg in Sorge wegen unserer Hausgäste. Denn in einer hessischen Gemeinde, in der ich einmal lebte, stand zweimal im Jahr "Kurgast-Schießen" auf dem Veranstaltungskalender. Die Gemeinde hat heute kaum noch Kurgäste...

Textspecht
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