Firma sagt Job zu - dann >2 Monate kein Vertrag?

Alles zum Thema Leben, Arbeiten, Studieren etc. in Frankreich. (Keine Annoncen)
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EdmondDantes
Beiträge: 2
Registriert: Freitag 10. August 2012, 21:03

Freitag 10. August 2012, 22:32

Habe mich in Südfrankreich bei einer großen Firma beworben, hatte dann zwei Bewerbungsgespräche. Ich würde da wirklich gerne arbeiten, Gegend ist super und Bereich sehr interessant.

Dann, fast 3 Monate später, ruft die Chefin der Personalabteilung an, und sagt, dass sie mir ein Job Angebot machen - ich nehme es spontan an. Zwei Monate und 4 vertröstender Telefonate später habe ich aber noch immer keinen Arbeitsvertrag erhalten. Die Begründung ist nun, dass der Vertrag seit 2 Monaten beim Vorstand liegt (Firma hat >10000 Mitarbeiter), und dieser noch nicht unterschrieben habe. Das läge auch daran, dass gerade 4 Wochen (Juli) Sommerferien waren. Es wäre außerdem für die Firma nicht ungewöhnlich.

Ich bin mir nun ganz schön unsicher, will man mich hinhalten - oder herrschen in dem Laden etwa ganz komische Prozesse, oder ist es wirklich nicht ungewöhnlich ? Ich würde ja meinen alten Job in D aufgeben, Auswandern usw. daher ist mir eine unabhängige Meinung dazu wichtig.

Was sagen Leute also dazu, die französische Firmen von Innen kennen ? Ist es wirklich nicht ungewöhnlich dass es so lange dauert ? (man kann ja über den Süden Frankreich etliche Vorurteile lesen, manche gehen in die Richtung "Unzuverlässigkeit")
Lennie
Beiträge: 190
Registriert: Donnerstag 1. Juli 2010, 13:39

Freitag 10. August 2012, 23:20

Hallo, Monsieur Monte-Cristo

Dass die Übergabe eines Arbeitsvertrag auf sich warten lässt, ist möglich. Mitunter gibt es sogar überhaupt keinen - da gildet dann im Ernstfall die Vorlage der Gehaltszettel als Beweis dafür, dass man in einer Firma angestellt war, bzw. ist.

Bei einer Firma von 10000 Mitarbeitern ist so ein Verhalten allerdings merkwürdig. Die dürften doch wohl über eine anständige DRH verfügen und in der Lage sein, einzustellenden Kandidaten innerhalb von 3 Monaten zumindest eine schriftliche Bestätigung über die Einstellung zukommen zu lassen. Die Sommerferien sind eine schlappe Entschuldigung. (Das nächste, was dir angeboten werden wird, wird das dankbare, immer und überall einsetzbare "problème informatique" sein.... :mrgreen:)

Du kannst selbst einen Brief an die Firma schicken und sie auffordern, dir schriftlich deinen Einstellung zu bestätigen. Kommt daraufhin auch keine Reaktion, Finger weg, laut "A...Löcher" sagen, Firma vergessen, was anderes suchen. Unseriöse Riesenfirmen sind inzwischen ja nirgends mehr eine Seltenheit. Bloß nicht auf schöne Sprüche hin einen existierenden Job kündigen!

Bon courage!
Gruß, Lennie :wink:
Axurit
Beiträge: 91
Registriert: Mittwoch 18. August 2010, 16:38
Wohnort: P.O.

Samstag 11. August 2012, 14:18

Hallo,

In Deutschland und mit der Begründung, dass der Vorgang beim Betriebsrat liegt, würde mich so etwas nicht wundern. Französische Firmen sind in der Regel genau so gut organisiert wie vergleichbare deutsche Firmen. Meine Erfahrung ist, dass Abläufe und Prozesse, auch im Personalbereich, meist noch detaillierter festgelegt sind als in D und man sich auch daran hält. Das führt natürlich zu mangelnder Flexibilität und verlängert Abläufe unnötig. Hinzu kommt, dass in Frankreich das Denken und Handeln in Hierarchiekategorien weitaus stärker ausgeprägt ist. Abteilungsübergreifene Probleme werden nicht von den Mitarbeitern entscheidungsreif vorgeklärt sondern an die Führungsebene weitergereicht ("ohne meinen Chef sage ich gar nichts"). Außerdem werden Franzosen von klein auf nicht zur Teamarbeit sonder zum Konkurrieren erzogen.

Entscheidungen und administrative Vorgänge können also durchaus länger Dauern als in Deutschland. Aber dass die Chefin der Personalabteilung erst nach drei Monaten ein Angebot in Aussicht stellt, würde mir schon zu denken geben. Das kann ganz harmlose Gründe haben, z.B. dass der bevorzugte Kandidat abgesagt hat und man jetzt auf dich zurückgreift. Es kann aber auch auf ein Problem bei der Stellenbesetzung hindeuten, etwa dass nur eine Stelle im Headcount-Plan frei ist und sich zwei Abteilungen darüber in den Haaren liegen.

Auch das Argument mit dem Vorstand ist ungewöhnlich. Wenn die Stelle im genehmigten Personalplan vorgesehen ist, die Fachabteilung und die Personalabteilung sich über den Bewerber einig sind und es nicht um eine Stelle in der ersten oder zweiten Führungsebene geht, dann ist die Unterschrift des Vorstands eine reine Formsache. Das könnte ebenfalls auf ein grundsätzliches Problem bei der Stellenbesetzung hindeuten, z.B, dass sich der Vorstand wegen wirtschaftlicher Probleme auch Routinevorgänge genauer unter die Lupe nimmt oder erst mal zurück hält.

Genau so gut kann es der ganz normale Zickenkrieg zwischen der Assistentin der DRH-Chefin und der Assistentin des zuständigen Directeurs sein. Letztere lässt den Vorgang einfach liegen um es der Ersteren mal wieder so richtig zu zeigen. Die Hackordnung der Assistentinnen und deren Bestreben, sich durch extremes Abschotten des Chefs noch wichtiger zu machen als man ohnehin schon ist, hat mich auch schon mal ein Jahr Wartezeit auf einen Job gekostet. Das ist in Frankreich nicht anders als in Deutschland ;)

Was die Urlaubssituation betrifft, wäre es nicht ungewöhnlich, dass zwischen Anfang Juli und Ende August keine Entscheidung fällt. An irgend einer der involvierten Stellen ist immer gerade nur die Urlaubsvertretung greifbar, und die will ohne ihren Chef keine Entscheidung treffen. Aber dein Vorgang liegt ja schon weiter zurück. Dass sich jetzt vor Mitte September etwas tut, ist allerdings unwahrscheinlich.

Gruß
Rainer
EdmondDantes
Beiträge: 2
Registriert: Freitag 10. August 2012, 21:03

Mittwoch 12. September 2012, 12:44

So, jetzt kam der "Vertrag" - ein einseitiges Dokument, das Lohn, und Klassifizierung nach "convention collective" sowie Arbeitsbeginn nennt. Darüber steht "promesse du contrat", ein wirklicher Vertrag würde noch ein paar Wochen dauern... (Frage, schreiben die den per Hand mit Füller ??)
Nachdem ich Ihnen mitgeteilt habe, dass ich den Arbeitsbeginn gerne 1 Monat früher hätte, kam von der Personalabteilung nur die Antwort, könne man nix machen, das wäre eine Management Entscheidung.
Daraufhin setz ich mich ins Flugzeug und mache einen kurzen Abstecher bei Ihnen und rede mit dem "Management" - erneute Antwort : "Management Enscheidung, es könnte mit einem Einstellungs - Plan zu tun haben, man kümmert sich drum, aber 99%ig nicht veränderbar".
>>>>>>>>>>>>>>> sorry, Clash of Culture <<<<<<<<<<<<<<
Ich hab denen jetzt eine 3 Tage Frist gesetzt - ich würde deren Angebot annehmen, wenn sie den Beginn (es geht um CDI !) einen Monat vorverlegen. Falls sie das nicht hinbekommen geh ich zur Konkurenz in Deutschland, die haben nach dem Vorstellungsgespräch vor zwei Wochen übrigens 4 Tage gebraucht mir einen unterschriftsreifen Vertrag zu schicken.

Wenn eine Firma 5 Monate braucht, sich dann entschließt ein Angebot vorzulegen und dann nicht in der Lage ist in 24 Stunden
das Startdatum 4 Wochen zu verlegen, dann hat so eine Firma sicher noch ganz andere Probleme bei Entscheidungswegen...
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